In einem Artikel der ZEIT vom 27.06.2013 "Verrechnet" (Autoren: Marc Brost, Mark Schieritz und Wolfgang Uchatius) kann man erfahren, dass Kenneth Rogoff, ehemaliger Chef-Volkswirt des IWF und jetziger Harvard-Professor, sich in seiner 2010 veröffentichten Studie "Growth in a Time of Debt" - Wachstum in einer Zeit der Verschuldung verrechnet hat. In dieser Studie untersuchte er gemeinsam mit seiner Kollegin Carmen Reinhart, wie gefährlich Staatsschulden sind.
Während die einen behaupten, Staatsschulden seien extrem gefährlich und ein verschuldeter Staat müsse sparen, sagen andere, dass radikales Sparen die Situation nur verschlimmere und es genüge, die Schulden langsamer abzubauen. Da kam angesichts der EU-Stabilitätskrise (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien etc.) diese Studie gerade recht. Mit Hilfe einer Datenbank über 66 Länder errechneten die beiden Experten, dass Staatschulden nur bis zu einem gewissen Punkt verkraftbar seien. Bei einer Quote von 90 % des BIP wachse die Wirtschaft nicht mehr, sondern schrumpfe schlagartig.
Anfang 2010 betrug die Staatsverschuldung in Griechenland 120 %. Der Studie folgend muss also dringend gespart werden. Im März 2011 hielt Rogoff einen Vortrag in Berlin und ab da war die Zahl von 90 % in aller Munde. Führende Wirtschaftsexperten, Politiker, Ökonomen (Wolfgang Schäuble, Peer Steinbrück, Paul Ryan, Jens Weidmann, Christian Lindner, Tim Geithner, George Osborne, Jean-Claude Trichet, Olli Rehn usw.) und die Medien verbreiteten die Zahl in Windeseile, denn nun war klar, dass es eine Methode gab, die es den Handelnden erlaubte, das Risiko einer Staatsverschuldung exakt zu bewerten. Diskussion zwecklos.
Am 22. September 2011 erhielt Rogoff in Frankfurt den Deutsche Bank Prize in Financial Economics, Josef Ackermann hielt die Laudatio. Für die südeuropäischen Länder wurden rigirose Sparprogramme gefordert und umgesetzt.
Den Fehler in der Studie entdeckt hat der VWL-Student Thomas Herndon, USA, der eigentlich nur eine Seminararbeit über die Studie schreiben wollte. Er fand heraus, dass eine ganze Reihe der 66 Staaten mit ihren jeweiligen Daten zu Wachstum und Verschuldung nicht Eingang in die Berechnung fanden, weil vergessen worden war, diese Zeilen "anzuklicken" in der Excel-Tabelle, die die Forscher verwendeten. So waren zum Beispiel die Daten von Australien, Belgien, Dänemark, Kanada und Österreich nicht enthalten (Zeilen 45 -49 der Tabelle).
Die Konsequenz daraus: Die Zahl 90 verschwindet, es gibt keine Schwelle mehr. Zwar ist in Staaten mit hoher Verschuldung das Wachstum tatsächlich niedriger, aber der Unterschied ist zu gering, um eine eindeutige Aussage treffen zu können. Man muss den jeweiligen Einzelfall prüfen, Staatsschulden sind manchmal gefährlich, manchmal nicht.
Inzwischen, nach dem letzten Besuch des IWF in Griechenland, ist man schlauer. "Man habe die Wirkung der Sparmassnahmen falsch eingeschätzt, Griechenland erlebe eine viel tiefere Rezession als erwartet", so der IWF am 20.5.2013.
Und jetzt? Rogoff rechtfertigt sich, dass er bereits 2011 gesagt habe, dass die Sparpolitik in Südeuropa nicht durchzuhalten sei und dass er 2012 veröffentlicht hätte, dass es keine 90 %-Schwelle gebe und alles viel komplizierter sei.
Ob das für den IWF, die Troika und die EU auch gilt, diese Einsicht, muss bezweifelt werden. Thomas Herndon muss jedoch gedankt werden für seine Arbeit und seinen Mut, eine Studie eines weltberühmten Ökonomen anzuzweifeln.
Samstag, 29. Juni 2013
Samstag, 22. Juni 2013
Sprudelnde Steuern, schon wieder
Der an chronischer Ausgabenmanie und Verschwendungssucht erkrankte deutsche Staat darf sich über sprudelnde Steuereinnahmen freuen. Das Leuchten in den Augen der Steuereinnehmer bei Kommunen, Ländern und dem Bund dürfte wohl ähnlich dem eines Junkie sein, wenn dieser endlich wieder an den geliebten Stoff rankommt.
Grün und Rot haben noch nicht genug davon und wollen die Steuern weiter erhöhen und Schwarz und Gelb kommen mit dem Stoff nicht aus, die Null-Neuverschuldung wird weiter hinausgeschoben, während gleichzeitig Abermilliarden zur Beruhigung der Finanzmärkte generiert werden, die sich alsbald zu Billionen türmen werden.
Irgendwann merkt auch der letzte Bürger, dass dieses öffentliche Finanzgebaren notwendige Handlungsspielräume beschneidet und bald alles nur noch als alternativloses Gelddrucken dastehen wird. Die Leute, die uns den Schlamassel einbrocken, haften für gar nichts und werden mit üppigsten Pensionen beglückt. In der Wirtschaft würde man solche Manager hochkant hinauswerfen und zwar ohne goldenen Händedruck.
Das Lästern über Konzerne, die ihre Gewinne in Niedrigsteueroasen in Europa und anderswo schieben, entspricht doch auch nur der Unfähigkeit, gute und abgestimmte Steuergesetze zu implementieren. Jeder Vorstand würde sich doch strafbar machen (Untreue z.B.), wenn sein Unternehmen, dem er vorsteht, zuviel an Steuern bezahlen würde. Lächerliche Debatte also, die von der eigenen Inkompetenz ablenken soll.
Grün und Rot haben noch nicht genug davon und wollen die Steuern weiter erhöhen und Schwarz und Gelb kommen mit dem Stoff nicht aus, die Null-Neuverschuldung wird weiter hinausgeschoben, während gleichzeitig Abermilliarden zur Beruhigung der Finanzmärkte generiert werden, die sich alsbald zu Billionen türmen werden.
Irgendwann merkt auch der letzte Bürger, dass dieses öffentliche Finanzgebaren notwendige Handlungsspielräume beschneidet und bald alles nur noch als alternativloses Gelddrucken dastehen wird. Die Leute, die uns den Schlamassel einbrocken, haften für gar nichts und werden mit üppigsten Pensionen beglückt. In der Wirtschaft würde man solche Manager hochkant hinauswerfen und zwar ohne goldenen Händedruck.
Das Lästern über Konzerne, die ihre Gewinne in Niedrigsteueroasen in Europa und anderswo schieben, entspricht doch auch nur der Unfähigkeit, gute und abgestimmte Steuergesetze zu implementieren. Jeder Vorstand würde sich doch strafbar machen (Untreue z.B.), wenn sein Unternehmen, dem er vorsteht, zuviel an Steuern bezahlen würde. Lächerliche Debatte also, die von der eigenen Inkompetenz ablenken soll.
Johnny Depp und Vanessa Paradis
Kürzlich wurde über die bereits erfolgte Trennung der beiden berichtet, die im Verständnis der einschlägigen Presse, obwohl ein rein privates Ereignis, schon eine dicke Schlagzeile wert war.
Den Vogel schoss wieder einmal die Hämeabteilung von Spiegel Online ab, die es sich nicht verkneifen konnte, Vanessa Paradis als "Zahnlückenwunder" zu bezeichnen. Wahrscheinlich hat der
SPON(ti)-Autor noch nicht mitbekommen, dass man das in der Zahnmedizin als Diasthem bekannte
Phänomen durchaus entfernen lassen kann, wenn einem nur danach ist.
Madonna, Seal, Jessica Hart, Amy Winehouse, Elton John und sicher auch Vanessa Paradis war wahrscheinlich nicht danach. Mal sehen ob die anderen Promis nun ebenfalls einen neuen Titel vom Hämographen SPON erhalten. Die Franzosen sind da viel charmanter und geradezu unhämisch. Sie bezeichnen das Diasthem als "les dents du bonheur", Glückszähne also!
Na, geht doch auch so.
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Sonntag, 28. April 2013
Steuerthema - anders betrachtet
Bei dem herrschenden Medienrummel über Steuerhinterziehung wird regelmässig übersehen, dass dies nur die Spitze des Eisberges darstellt. Der unter Wasser liegende und damit grössere und gefährlichere Teil heisst Steuerverschwendung.
Während auf Steuerhinterziehung empfindliche Strafen stehen (Geldbussen, Zinsen, Haftstrafen) wird die Steuerverschwendung bei grösserem Ausmass in der Regel mit vorzeitiger Pensionierung oder Beförderung der Verantwortlichen geahndet.
Ganz krasse Fälle stellen schlampig formulierte Gesetze dar oder Rechtsgeschäfte der öffentlichen Hand, für die niemand persönlich zur Verantwortung gezogen wird, da ja der Steuerzahler dafür aufkommen muss. Beispiele gibt es genug (Eichels Körperschaftsteuerreform, die zu negativen Einnahmen bei der Körperschaftsteuer führte, Steinbrücks Körperschaftsteuergeschenk für Banken und Investmentfonds, die Staatsbeteiligung an der siechen Commerzbank usw.).
Auch für die kaum zu überbietenden Finanzdesaster Stuttgart 21, Berliner Flughafen, Elbphilharmonie sind keine Sanktionen zu erwarten.
Diesen Problemen lässt sich nur mit mehr direkter Demokratie beikommen, z.B. à la Schweiz. Dort entscheiden die Bürger über grosse Projekte und es gelingt viel besser, dafür Akzeptanz zu finden und die Kosten im Rahmen zu halten. Nebenbei bemerkt weist die Schweiz auch eine wesentlich geringere öffentliche Verschuldung auf, obwohl dort die Steuern niedriger sind.
In der heutigen Situation Steuererhöhungen als Wahlprogramm zu formulieren verkennt die Aufgabe der Politik und der Verwaltung: Die lautet, mit den verfügbaren Einnahmen des Staates auszukommen und sparsam hauszuhalten.
Während auf Steuerhinterziehung empfindliche Strafen stehen (Geldbussen, Zinsen, Haftstrafen) wird die Steuerverschwendung bei grösserem Ausmass in der Regel mit vorzeitiger Pensionierung oder Beförderung der Verantwortlichen geahndet.
Ganz krasse Fälle stellen schlampig formulierte Gesetze dar oder Rechtsgeschäfte der öffentlichen Hand, für die niemand persönlich zur Verantwortung gezogen wird, da ja der Steuerzahler dafür aufkommen muss. Beispiele gibt es genug (Eichels Körperschaftsteuerreform, die zu negativen Einnahmen bei der Körperschaftsteuer führte, Steinbrücks Körperschaftsteuergeschenk für Banken und Investmentfonds, die Staatsbeteiligung an der siechen Commerzbank usw.).
Auch für die kaum zu überbietenden Finanzdesaster Stuttgart 21, Berliner Flughafen, Elbphilharmonie sind keine Sanktionen zu erwarten.
Diesen Problemen lässt sich nur mit mehr direkter Demokratie beikommen, z.B. à la Schweiz. Dort entscheiden die Bürger über grosse Projekte und es gelingt viel besser, dafür Akzeptanz zu finden und die Kosten im Rahmen zu halten. Nebenbei bemerkt weist die Schweiz auch eine wesentlich geringere öffentliche Verschuldung auf, obwohl dort die Steuern niedriger sind.
In der heutigen Situation Steuererhöhungen als Wahlprogramm zu formulieren verkennt die Aufgabe der Politik und der Verwaltung: Die lautet, mit den verfügbaren Einnahmen des Staates auszukommen und sparsam hauszuhalten.
Dienstag, 24. Juli 2012
Dr. Sally Ride: Die erste US-Amerikanerin im All
Von Spiegel-Online erfahren wir heute, dass die berühmte Astronautin und Wissenschaftlerin, die gestern im Alter von 61 Jahren nach längerer Krankheit starb, die letzten 27 Jahre ihres Lebens mit einer Frau zusammenlebte.
Man hätte sich darauf beschränken können, ihr Leben nachzuzeichnen, ihr wissenschaftliches Engagement, ihre Wissbegierde, ihre Zeit bei der NASA., ihre zahlreichen Auszeichnungen und ihr Unternehmen, das inzwischen 40 Mitarbeiter beschäftigt und sich damit befasst, Jungen und Mädchen gleichermassen für Wissenschaft, Technik und Forschung zu begeistern.
Nein, man muss schlagzeilengeil dahertönen, dass sie nach ihrem Tode ihr "Coming-out" gehabt hätte, weil dies auf der Homepage ihrer Firma (www.sallyridescience.com/sallyride/bio) aus der veröffentlichten Todesanzeige herauszulesen war. Dort steht übrigens folgender Hinweis:
"In addition to Tam O’Shaughnessy, her partner of 27 years, Sally is survived by her mother, Joyce; her sister, Bear; her niece, Caitlin, and nephew, Whitney; her staff of 40 at Sally Ride Science; and many friends and colleagues around the country."
Abgesehen davon, dass ihre Freunde und Bekannten davon wussten, war es doch ihre Privatsache und nicht ein Thema der Öffentlichkeit. Was ist denn daran sensationell, dass man es in den Titel packen muss. Muss man die Menschen danach einteilen, wie, was und wann sie etwas öffentlich über ihre sexuellen Präferenzen mitteilen? Ich denke, da bietet die aussergewöhnliche Biographie dieser Wissenschaftlerin genügend Anhaltspunkte der Würdigung, die aber bei SPON spärlich ausfallen.
Samstag, 18. Februar 2012
Causa Wulff - Abgesang und mediale Behandlung
Alexander Kluge sagte:
"Egal, was ihm vorzuwerfen ist oder wie ungeschickt er sich verhalten mag, die öffentliche Erregung darüber steht in keiner Relation."
Dem möchte ich nur hinzufügen, dass ich nicht meine, die Affäre sollte nur eine Randnotiz bleiben, aber es gibt wichtigere Themen in unserem Land, z.B. im Bereich Finanzen, Politik, €-Wirtschaftsraum.
Die mediale Berichterstattung wird immer marktschreierischer, egal, um was es dabei geht. Es geht fast nur noch um Quoten, Auflage, Clicks und Schnellschüsse. Solide, ausgewogene, nachdenkliche Beiträge sucht man meist vergebens.
"Egal, was ihm vorzuwerfen ist oder wie ungeschickt er sich verhalten mag, die öffentliche Erregung darüber steht in keiner Relation."
Dem möchte ich nur hinzufügen, dass ich nicht meine, die Affäre sollte nur eine Randnotiz bleiben, aber es gibt wichtigere Themen in unserem Land, z.B. im Bereich Finanzen, Politik, €-Wirtschaftsraum.
Die mediale Berichterstattung wird immer marktschreierischer, egal, um was es dabei geht. Es geht fast nur noch um Quoten, Auflage, Clicks und Schnellschüsse. Solide, ausgewogene, nachdenkliche Beiträge sucht man meist vergebens.
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Sonntag, 12. Februar 2012
Föderalismus in Deutschland - Teurer Luxus oder Irrweg?
Bundespolitik, von welcher Regierung auch immer betrieben, lässt sich nicht mehr gegen eine Mehrheit der Bundesländer durchsetzen. Es sind eigentlich nur noch Konsensbeschlüsse möglich, die durch Landtagswahlen hervorgerufenen unterschiedlichen Besetzungen des Bundesrats lassen Regierungsarbeit zu einer Zitterpartie oder einer Geduldsprobe werden. Nicht selten kommen Kompromisse heraus, die primär Partikularinteressen dienen und die obendrein Kompensationen verlangen (Finanzausgleich, Zuweisungen an Länder). Dabei stelle ich noch gar nicht die Frage, ob wir die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg nicht der Einfachheit halber zu ganz normalen Städten "degradieren" sollten.
Ausserdem verhalten sich die Stimmen, die einem Bundesland zur Verfügung stehen, nicht proportional zur Bevölkerung und die Vertreter der Bundesländer sind meist nicht einmal durch Wahlen legitimiert.
Ein Grundübel ist aber, das hier vorgeblich Bundes- und Länderinteressen ("Hoheiten") kollidieren, mit der Folge, dass oft keine vernünftige und/oder wirtschaftliche Lösung mehr möglich ist.
Die Folge dieser politischen Unvernunft genannt Föderalismus ist, dass wir überflüssigerweise ein Heer von Landesregierungen, Ministern, Staatssekretären und Behörden unterhalten, die schlicht schlecht haushalten, öffentliche Gelder verbraten und sich den Ruhestand vergolden. Wem das föderale Prinzip heilig ist, der könnte auch zustimmen, dass drei oder vier Bundesländer ausreichen.
Es geht nicht an, dass man (bundespolitische) Verantwortung übertragen bekommt und die Bundesregierung nicht einmal minimale Korrekturen z.B. bei Steuern vornehmen kann. Das begünstigt im Zweifel nur grosse Koalitionen, die auch nur Minimalkonsens anstreben bzw. realisieren.
So lässt sich dieses Land nicht weiterentwickeln, das von den grossen Parteien schon längst gekidnapped wurde und so gesehen ist beides richtig:
Es ist ein teurer Luxus, den wir uns schon lange nicht mehr leisten können, und ein politischer Irrweg.
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