Samstag, 7. November 2015
Nicolas Gomez Davila: Zitate
Ich muss jetzt endlich mal einige Zeilen festhalten, die seinen Schriften (Scholien) entstammen.
Wahre Sprengsätze, überraschend, sprachlos machend, elektrisierend....
"Vor zweihundert Jahren war es zulässig, der Zukunft zu vertrauen, ohne vollständig verrückt zu sein. Wer kann heute den aktuellen Prophezeiungen glauben, da wir doch jene prächtige Zukunft von gestern sind?"
"Das politische Problem hat äusserste Wichtigkeit, die politische Lösung gar keine."
"Von seltenen Ausnahmen abgesehen benehmen sich Nationen und Individuen nur anständig, wenn die Umstände ihnen nichts anderes gestatten."
"Damit eine Gesellschaft blühen kann, sind ein schwacher Staat und eine starke Regierung vonnöten."
Wird fortgesetzt.
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Samstag, 4. April 2015
Die Tür
Ich weiss nicht, ob es anderen auch so geht wie mir, wenn sie eine solche Tür sehen. Mir wird fast schlecht.
Das Haus selbst, ca. 1890 gebaut, solide, renovierte Fassade, farbig gestrichen, neue Fenster, die nicht stören, hohe Räume, dicke Mauern, Stuckdecken, drei bis vier Geschosse.
Dann diese Tür:
Ein weiteres Detail, die beiden hübschen Treppenstufen, setzt dem ganzen noch eins drauf. Für einen schönen Briefkasten hat es auch nicht mehr gereicht, aber die Kaltmiete liegt sicher bei 11,00 bis 12,00 € ("Wenn Sie was Schönes sehen wollen, gehen Sie doch ins Museum!").
Oder ein anderes Haus, ein paar Strassen weiter, an einer Durchgangstrasse, ziemlich viel Verkehr, nachts aus Lärmschutzgründen Tempo 30 (mit Blitz-Dings natürlich), daher auch lauter als vorher, weil die Leute runterschalten, will nur keiner wahrhaben.
Also die Tür. Für mich gehört sie zu einem Antlitz eines Haus, prägt den Eingang, wenn man so will, auch die Fassade. Die Tür kann passen oder auch nicht, sie kann einstmals schön gewesen sein, wie meist bei solchen alten Häusern.
Dann kam irgendjemand auf die Idee, das Haus zu sanieren. Entweder man hat die alte Tür weggeworfen, weil unansehnlich (Holz altert eben, wenn man es nicht schützt) oder man wollte eine Tür, die eben pflegeleicht ist und bleibt, die man die nächsten 30-40 Jahre vergessen kann.
Im schlimmsten Fall kommt dann eine vorgefertigte Metalltür rein, aus Stahl (selten) oder Aluminium oder gleich aus Kunststoff, da kann man auch besser drantreten und die verkratzt nicht so schnell wie Holz. Das passiert heutzutage so oft, dass man meist achtlos daran vorbeigeht.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass es sich um ein deutsches Problem handelt, kann mich aber auch täuschen. Nach dem Kriege war ja viel kaputt gegangen, da musste schnell Ersatz her. Bloss, da gab es den Metall- bzw. Alu-Wahn noch nicht, dass wäre auch nicht erschwinglich gewesen.
Ich würde mir wünschen, dass die Eigentümer gerade der älteren Häuser sich bei der Sanierung oder Modernisierung mehr Gedanken um den Eingang eines Hauses machen.
Einfach nicht zu übertreffen, dieses Modell.
Gerade bei älteren, in ihrer Substanz noch guten Häusern lohnt sich das, den Häusern ein schönes und passendes Gesicht zu verpassen und nicht die Einheitschose vorgefertigter beliebiger Rahmen zu verwenden, womöglich noch mit geriffeltem oder nicht transparentem (Kunststoff-) Glas. Das ist ja das nächste Übel. Das geht schon gar nicht, ist aber weit verbreitet, ja geradezu populär.
Wohl an Beliebtheit kaum zu überbieten, wenn man sich umschaut.
Dass die ersten beiden Türen oben alle so hübsch verziert sind, ist der nächste Skandal. Es könnte aber auch sein, dass diese Exemplare in ihrer Verkommenheit und Ungepflegtheit dazu animieren. Bei schönen Türen mag die Hemmschwelle hoch sein. Aber dazu kenne ich die Graffiti-Szene zu wenig. Narrenhände beschmieren Tisch und Wände, also auch Türen.
Es geht auch anders, bei Türen. Kann jeder feststellen und muss deswegen nicht unbedingt nach London oder Irland oder Italien fahren.
Oder so.
Warum nicht so?
Oder in klein.
Oder historisch?
Sind unsere Schreiner zu teuer? Lohnt es sich nicht mehr, schöne Türen zu bauen und in Häuser einzusetzen? Spielt Ästhetik keine Rolle mehr heute? Was denken sich die Planer und Architekten dabei? Antworten jederzeit willkommen.
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Mittwoch, 1. April 2015
Politikverdrossenheit
Wenn man im Internet die
Entwicklung der Mitgliederzahlen der 6 im Bundestag vertretenen Parteien und
diejenigen der FDP vergleicht, stellt man fest, dass ein Schwund von rd. 2,3
Mio auf 1,2 Mio Mitglieder zu verzeichnen ist (1990 bis 2011). Reduziert also auf
fast die Hälfte.
Die Wahlbeteiligung bei
Bundestagswahlen hatte ihren höchsten Wert mit 91,1 % im Jahre 1972, sie sank
aber auf 71,5 % bei der letzten Wahl 2013. Bei Landtagswahlen erreicht die
Wahlbeteiligung kaum mehr als 60 %, in vielen Fällen liegt sie zwischen 50 und
60 %, bei jungen Wählern ist die Wahlbeteiligung sogar noch weit niedriger,
erreicht in manchen Bundesländern keine 40 % (Anteil der 21 bis 30jährigen in
Niedersachsen knapp 37 %). Die Beteiligung an Wahlen ist allerdings bei den 60
bis 70jährigen sehr oft am höchsten.
Nach einer Forsa-Umfrage
2014, bei der nach dem Ansehen verschiedener Berufe gefragt wurde, erhielten
Feuerwehrleute (hohes Ansehen bei 95 % der Befragten), Krankenpfleger (90 %),
Arzt (89 %) und Polizist (84 %) die höchsten Werte. Am unteren Ende der Skala,
also mit dem geringsten Ansehen, liegen Politiker (21 %), Mitarbeiter einer
Telefongesellschaft (18 %), Versicherungsvertreter (12 %). Damit liegen diese
z.B. weit hinter Dachdeckern, Briefträgern, Müllmännern und Journalisten
(Reihenfolge dieser Nennung ist jetzt zufällig). Auch bei Umfragen zur
Glaubwürdigkeit schneiden Parteien nicht gut ab, knapp 60 % der Befragten
halten die Bündnis-Grünen für glaubwürdig, 15 % die FDP, der Rest liegt
dazwischen.
Zusammenfassend muss man
konstatieren, dass die Politik und die Politiker insgesamt als Verlierer
(Ansehen, Glaubwürdigkeit, schwindendes Vertrauen, Stimmverhalten der Bürger
usw.) dastehen. Der Trend ist unübersehbar und setzt sich womöglich noch fort. Dies
deckt sich mit Äusserungen und Beobachtungen, die jeder hören und wahrnehmen
oder lesen kann.
Wie kam es dazu? Was sind
die Ursachen hierfür?
Ohne eine abschliessende
oder umfassende Analyse bieten zu wollen und zu können, möchte ich einige
wenige Anregungen liefern.
1. Fehlende Transparenz in der Politik
In dem Masse, wie die
Anforderungen an die Politik (insbesondere Wirtschafts-, Finanz-,
Sozialpolitik) gestiegen sind angesichts der Komplexität der Themen, der
internationalen Beziehungen, der EU usw., gelang es den Politikern nicht, die
Fragen oder Sachverhalte, um die es geht, transparent zu machen. Schwarz-Weiss-Malerei,
parteipolitische Interessen, Eitelkeit und Selbstverliebtheit der Politiker,
Teilhabe an der Macht, Fraktionszwänge und anderes mehr, scheinen dem
entgegenzuwirken. Man bemüht sich auch nicht um Verständlichkeit, ist doch die
Sprache der Politiker eine ganz eigene geworden.
2. Herkunft und Repräsentation der Politiker
Aus dem öffentlichen
Dienst und aus politischen und/oder gesellschaftlichen Organisationen kommen
47,2 % der Mitglieder des Deutschen Bundestages, weitere 16,5 % stammen als
Angestellte aus der Wirtschaft, 19,2 % kommen aus freiberuflicher Tätigkeit
(Anwälte, Notare, Steuerberater, Ingenieure Ärzte etc.). Nur 7,4 % gingen oder
gehen einer selbständigen Tätigkeit nach.
Diese Zusammensetzung
bietet wohl weder ein Abbild der Bevölkerung noch eine spezielle Grundlage für
eine Qualifikation als Politiker, es sei denn der Öffentliche Dienst und
Verbände und Gewerkschaften wären plötzlich eine Elite-Kaderschmiede. Es sieht
eher danach aus, dass gerade diejenigen kandidieren können, die sich leicht
beurlauben lassen können.
Dass alle Mitglieder einer
Partei sind, versteht sich von selbst. Als Nicht-Parteigänger sind die Chancen,
ins Parlament gewählt zu werden, geringer als auf dem Nordpol einen Hitzschlag
zu erleiden.
Ob sich der Bürger von
dieser Zusammensetzung des Parlaments verstanden und ernstgenommen glaubt, mag
bezweifelt werden, aber irgendwelche Leute müssen den Job ja machen, denkt sich
der unaufgeklärte Bürger, aber er bezweifelt, ob es gleich so viele sein
müssen.
3. Bildung
Privat über Politk zu
reden, führt oft zu Verdruss. Sei es, dass viele Leute nichts damit zu tun
haben wollen, sei es, dass vielen die bildungsmässigen Grundlagen fehlen, um
sich über Gesetze, politische Meinungen, Projekte (Infrastruktur),
Gesundheitssystem, Schul- und Hochschulbildung und Wirtschaftsthemen ein Urteil
zu bilden. Gute, durchaus auch kontroverse und respektvolle Gespräche und
Diskussionen über politische Themen sind eher seltene Erfahrungen.
Ganz zu schweigen davon,
dass vielen Bürgern ein grundlegendes Verständnis darüber, wie ein Staat
aufgebaut ist, wie Wirtschaft funktioniert, was Gewaltenteilung heisst und was
Bürgerrechte und –pflichten sind, abgeht. Es wurde ihnen nicht nahegebracht und
gefragt haben sie auch nicht. Aber das Wahlrecht besitzen alle, die volljährig
sind.
4. Wahlrecht
Unser bundesdeutsches
Wahlrecht ist schon was Spezielles. Die Alliierten legten nach dem II.
Weltkrieg Wert auf ein gezähmtes Deutschland und fürchteten eine zentrale
Machtstellung des Hauptstadtparlaments. So kam es, dass die ehemalige
preussische Fürstenkammer in der Gestalt des Bundesrates (ein vergleichbares
Element gibt es ansonsten nur in den Vereinigten Arabischen Emiraten) wieder
zum Leben erweckt wurde und der föderative Staat Bundesrepublik Deutschland das
Licht der Welt erblickte. Das Grundgesetz, vom Parlamentarischen Rat erarbeitet
und den Militärgouverneuren der drei westlichen Alliierten abgesegnet, nicht
vom deutschen Volk, trat in Kraft. In Bayern zunächst nicht, dort wurde es
abgelehnt und erst nachdem 2/3 der übrigen Länder zugestimmt hatten, traten die
Bayern dem Grundgesetz bei. Dabei gelang es den 65 Mitgliedern des
Parlamentarischen Rates sogar einen Abweichler kaltzustellen, der den
Fraktionszwang ablehnte.
In einem für Bürger nicht
mehr überschaubaren Gewirr von Zuständigkeiten, hoheitlichen Aufgaben und
Obliegenheiten walten nun Bundestag und Bundesrat ihrer Ämter, wobei die
Ländervertreter noch nicht einmal durch Wahlen legitimiert sind, sondern
einfach Abgesandte sind, Beamte, Funktionsträger der Länder.
So ergibt sich ohne
weiteres die Situation, dass eine Bundesregierung mit ordentlicher Mehrheit
gewählt werden kann, einen Kanzler oder eine Kanzlerin ihr eigen nennt und
dennoch nicht regieren kann, weil ihr im Bundesrat genau eine politisch anders
gepolte Ländermehrheit gegenüber sitzt, die alles, was ihr nicht passt,
verhindert, torpediert, aussitzt. Dies führt entweder zu einer Blockade und
führt den Wählerwillen ad absurdum oder es kommen faule Kompromisse heraus.
Einmal wird die politische Klientel bedacht, das nächste Mal die Kundschaft der
anderen Partei(en).
In jedem Falle wird es
teuer für die Bürger, weil damit Ausgaben verbunden sind.
Aber das ist noch nicht
alles.
Die Wahl zum Deutschen
Bundestag vollzieht sich nach einem System, das Verhältnis- und Mehrheitswahl
verbindet. Von den 598 Sitzen des Bundestags werden die Hälfte durch
Mehrheitswahl in den 299 Stimmbezirken vergeben (Erststimme). Mit der Zweitstimme
kann der Wähler nur eine Landesliste einer Partei wählen. Dabei kann nur für
die Liste insgesamt votiert werden, nicht für einzelne Kandidaten. Mit der
Landesliste lassen sich daher Spitzenkandidaten einer Partei, Altgediente,
Kofferträger und Akklamanten
hervorragend absichern. Der Wähler hat auf die Zusammensetzung der Landesliste
keinen Einfluss.
Gerade dieses Mischsystem
schafft Probleme, ganz unabhängig davon, wie bedenklich und fragwürdig das
Prinzip der Landeslisten auch ist, denn die Wahlmöglichkeiten des Bürgers
werden durch diese Listen beschränkt.
Während die relative
Mehrheitswahl den Kandidaten mit der relativ höchsten Stimmenzahl im Wahlkreis
kürt (jeder Wahlkreis erhält einen Abgeordneten) und dadurch in der Regel
stabile und klare Mehrheiten im Parlament schaffen (z.B. Grossbritannien),
schaffen Verhältniswahlen in der Regel Situationen, in denen keine Partei eine
klare Mehrheit bekommt, also Koalitionen gebildet werden müssen. Diese
erfordern Kompromisse und schaffen damit eine Mässigung, erschweren aber auch
Regierungsarbeit und Reformen. Koalitionen, oft überraschend und vor der Wahl
meist ausgeschlossen, bilden sich schon alleine deswegen, weil sie Teilhabe an
der Macht erlauben.
Zur Gewaltenteilung ist zu
sagen, dass bei uns die Grenzen zwischen Legislative und Exekutive immer mehr
verschwinden. Der Regierungschef wird von den Abgeordneten gewählt, nicht von
den Bürgern. Die Parlamentsmehrheit beruft den Kanzler und dadurch existiert
die Trennung praktisch nicht mehr. Es stehen keine zwei Gewalten gegenüber, die
sich gegenseitig kontrollieren, sondern sie sind personell und inhaltlich
miteinander verbandelt.
Dies wirkt sich besonders
fatal bei den Gesetzen im Bereich der Finanzpolitik aus; die mangelhafte
Gewaltenteilung führt tendenziell zu immer höheren Staatsausgaben und
zunehmender Verschuldung.
Es versteht sich als
Element politischer Hygiene, dass bei Wahlen diejenigen, die gewählt werden
wollen, nicht selbst abstimmen. Bei Vorstandswahlen im Verein zum Beispiel
leuchtet das jedem ein, warum nicht bei politischen Wahlen? Soll Konrad
Adenauer immer als Beispiel dienen, weil er sich mit seiner eigenen Stimme
damals zum Kanzler machen konnte?
5. Die Rolle der Medien
Medien behandeln Politiker
eher als Politstars, als Prominente, als Talk-Show-Gäste und nicht als
Volksvertreter, die einen Wählerauftrag ausführen. Bestrebungen von Politikern,
ihrem Wahlkreis etwas Gutes zu tun, unabhängig davon, ob dies sinnvoll ist oder
nicht, werden als vorrangige Aufgabe angesehen. Proporzdenken, Kleinstaaterei
und Profilierungssucht werden dadurch begünstigt.
Parteiprogramme, deren
Zustandekommen meist öffentlich geschieht, werden zwar verbreitet, aber oft
wenig kritisch hinterfragt in den Medien. Abweichende Meinungen fallen meist
gar nicht ins Gewicht, die Parteimeinung hat Vorrang. Dabei wünscht der Wähler
geradezu eine kontroverse Debatte und dass Minderheitsmeinungen ebenso in
Betracht gezogen werden und durchgesetzt werden können.
Gleichförmigkeit ist die
Folge dieser durch den Parteitagswolf gedrehten politischen Absichterklärungen.
Wenn es im Plenum um die Umsetzung geht, gilt die strenge Parteidisziplin, denn
abweichende Meinungen werden sich negativ auf die Position in der Landesliste
oder die nächste Kandidatur auswirken.
Dies ist der Zeitpunkt, an
dem dem letzten Wähler klar wird, dass er sich nicht für eine Person
entscheiden kann, sondern für eine Partei, von der er aber auch nicht weiss,
was diese aus dem Votum des Bürgers macht.
Nachteile unserer
Wahlsystems, Mängel des föderativ organisierten Staates, Reformstau und
Tauziehwettbewerbe im Bundesrat oder zwischen Bundesländern (Finanzausgleich)
finden nicht genügend kritische Auseinandersetzung in den Medien. Entweder man
findet gar nichts zu diesen Themen in den Medien oder nur Bestätigung des
Status Quo, der ja gar nicht so schlecht sein kann angesichts der
vergleichsweise stabilen wirtschaftlichen Systeme des Landes.
Auch da glänzen die Medien
mit Schweigen, stellen politische und wirtschaftliche Folgen von Gesetzesänderungen
nicht in der gebührenden Dimension dar (z.B. Rentenpolitik, demographischer
Wandel).
Die Tatsache, dass wir in
einem erheblichen Reformstau stecken, für dessen Beseitigung der politische
Wille zu fehlen scheint, findet kaum Beachtung in den Medien, dabei wäre es
deren Aufgabe, den Finger in die Wunde zu legen:
- · Steuervereinfachung (die Herren Merz und Kirchhof lassen grüssen)
- · Marode Infrastruktur (Strassen, Brücken, Schleusen)
- · Zu hohe Verwaltungskosten (zu viele Personen sind mit Verwaltung und Umverteilung befasst)
- · Wirrwarr an hoheitlichen Zuständigkeiten (Bund/Länder/Kommunen) und Milliardengrab Föderalismus (16 Länderparlamente, Regierungschefs und Kabinette mit Staatssekretären usw.)
6. Europäische Union
In dem Masse, wie Brüssel,
Strassburg und Luxemburg an Bedeutung und Macht gewinnen und in das Leben der
EU-Bürger hineinregieren, schwindet die Akzeptanz des Hauses Europa. Wohl kaum
verwunderlich, wenn man eine Währungsunion einführt ohne zuvor die wirtschaftlichen
Systeme angeglichen (Steuerharmonisierung, Gesetze), eine politische und vom
Wähler legitimierte Union geschaffen und damit eine EU-Identität realisiert zu
haben.
Die EU-Kommission ist vom
Wähler nicht legitimiert, die Ernennung der Kommissare obliegt dem
Kommissionspräsidenten und den 28 Mitgliedsländern, das EU-Parlament kann
zustimmen oder ablehnen, aber nicht vorschlagen. Eine Kandidatur gibt es nicht.
Auch im EU-Parlament ist Fraktionszwang kein Fremdwort.
Unbehagen ist wohl eine
eher untertriebene Bezeichnung für das Gefühl des EU-Bürgers, wenn er diese
Institutionen betrachtet und nicht von ungefähr haben EU-kritische Parteien
oder Gruppen Aufwind, was von den etablierten Parteien missmutig betrachtet
wird, ohne dass Lehren daraus gezogen würden. Abgesehen davon haben viele Menschen
den Eindruck, dass hier mit vollen Händen gigantische Steuergelder auf womöglich
ineffiziente und intransparente Weise ausgegeben werden. 8,6 Mrd. € gibt die EU
alleine für ihre jährliche Verwaltung aus, 44 Mrd. € für die Landwirtschaft und
Fischerei, 56 Mrd. € für wenig entwickelte Gebiete oder für Wachstumsimpulse von
Regionen und nur 0,4 Mrd. € für Umwelt- und Klimapolitik (alle Zahlen 2015).
7. Das Geld
Es gibt tatsächlich
Länder, in denen die Bürger bestimmen, wieviel Geld dem Staat und seinen
Gebietskörperschaften zur Verfügung steht. Das ist auch im Grunde das wichtigste
Mandat, das ein Wähler vergeben kann, in dem er das Geldausgabemonopol überträgt
oder nicht, weil er unmittelbar davon betroffen ist.
Hierzulande brüstet sich
ein Finanzminister, dem ich seine profunden Steuerkenntnisse nicht absprechen
will, denn er war u.a. auch in der Finanzverwaltung tätig (ein eher seltener
Fall in der Politik, wo fachliche Kenntnisse und berufliche Anforderungen sich
nicht widersprechen), eine schwarze Null geschafft zu haben. Dabei wird
verschwiegen, dass die überraschend gute und nicht vorhersehbare konjunkturelle
Belebung zu erheblichen Mehreinnahmen und die EZB-Zinspolitik zu deutlichen
Minderausgaben beim Bundesschuldendienst geführt haben.
In besagten Ländern, z.B. USA,
Schweiz, müssen Bürger darüber abstimmen, wenn ein bestimmter einmaliger oder
jährlicher Betrag an Ausgaben (für Investitionen) überschritten wird. Ergebnis:
die Verschuldung ist geringer als im Vergleich und die Steuersätze niedriger.
Wer fürchtet sich bei uns
davor, dem Bürger mehr Mitspracherechte zuzugestehen? Die Parteien. Genau
diejenigen, die vor der Wahl von und vor „mündigen“ Bürgern sprechen,
entmündigen diese nach der Wahl, weil der Bürger ja keine Ahnung hat, gegängelt
und per Verordnungen geführt werden muss. Der Bürger hat dabei viel eher das
Gemeinwohl im Auge, als der Politiker, der sich Partei- und Funktionärsinteressen
zu eigen macht und seine Position absichern möchte.
Noch besser wäre es, dass
nach einer überfälligen Steuervereinfachung die Bürger entscheiden müssen über
Steueränderungen.
-
o –
Ausgehend von dem Phänomen „Politikverdrossenheit“
habe ich wichtige Hinweise und Sacherhalte zu einzelnen Themen durch das Buch
von Herrn Florian Felix Weyh „Die letzte Wahl“, Frankfurt 2007, (Die Andere Bibliothek) erhalten, und kann
dieses Buch sehr empfehlen.
Sonntag, 29. März 2015
Zitate
Zitate von Friedrich August von Hayek:
Unbeschränkte Demokratie
"Die heute praktizierte Form der Demokratie ist zunehmend ein Synonym für den Prozeß des Stimmenkaufs und für das Schmieren und Belohnen von unlauteren Sonderinteressen, ein Auktionssystem, in dem alle paar Jahre die Macht der Gesetzgebung denen anvertraut wird, die ihren Gefolgsleuten die größten Sondervorteile versprechen, ein durch das Erpressungs- und Korruptionssystem der Politik hervorgebrachtes System mit einer einzigen allmächtigen Versammlung, mit dem Wortfetisch Demokratie belegt."
(Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 1, München 1980)
Zum Geld
"Wir werden niemals Inflation verhindern können, solange wir der Regierung nicht das Monopol der Geldausgabe wegnehmen. Regierungen haben uns niemals gutes Geld gegeben, ja die Begründung für das Geldausgabemonopol der Regierungen war noch nicht einmal die, sie würden uns gutes Geld geben, sondern immer nur die, sie bräuchten es zu Finanzierungszwecken. Das Ergebnis war, daß wir zweitausend Jahre lang ein Monopol hatten, das niemand in Frage gestellt hat. Wenn wir also eine freie Gesellschaft erhalten wollen, müssen wir die Demokratie neu gestalten und der Regierung das Geldausgabe-Monopol nehmen."
(Interviewfilm "Inside the Hayek-Equation", World Research INC, San Diego, Cal. 1979, frei übersetzt von Roland Baader)
Es tut immer wieder gut, mal einige Ideen bei klugen Köpfen nachzulesen. Zum Beispiel diese beiden.
Das Dumme ist nur, dass solche grundlegenden Fragen nur wenige interessieren und dass diejenigen, die davon betroffen sind, schon gar nicht darauf zurückkommen. Und ganz besonders schlecht ist es, dass wir hier keine wirklich liberale Partei von Gewicht mehr haben, aber nichts Dringenderes bräuchten.
Mittwoch, 18. März 2015
Die Macht der Kleintiere
Es ist schon erstaunlich, wozu kleine Nager, Insekten (braunfleckige Beissschrecken, Juchtenkäfer usw.) Fledermäuse und andere Kleintiere in der Lage sind.
Sie vermögen kraft ihrer blossen Anwesenheit, erst völlig unscheinbar und von der Bevölkerung nicht wahrgenommen, durch das Auffinden besorgter Zeitgenossen, gigantische Bauvorhaben zu torpedieren oder die Ausführungspläne in sich zusammensacken zu lassen.
So an vielen Orten bereits geschehen, von Stuttgart 21 bis zum Hochwasserrückhaltebecken in Freiburg-Günterstal. Ich denke, dass es dabei nicht nur um Naturschutz gehen kann, um Rote Listen usw. Es scheinen auch andere Motive mitzuspielen. Zum Beispiel, dass Planungen, die ja im Einzelfall durchaus sinnvoll erscheinen, an genau dieser Stelle verhindert werden können, und dies nicht im Rahmen einer zeitaufwendigen und mühevollen Diskussion über Pro und Kontra, sondern mit dem einzig unanfechtbaren Argument des Artenschutzes. Das erspart auch Plebiszite mit ungewissem Ausgang.
Sonntag, 15. März 2015
Freiburger Verkehrsexperten als Herzchirurgen
In Freiburg wurde als These eines Verkehrsforums (Umweltaktive wie Verkehrsclub Deutschland, ADFC, Greenpeace, Freiburger Klimabündnis und Verkehrswissenschaftler) bekannt, dass die mitten durch die Stadt führende
B 31, die die einzige wichtige Ost-West-Verbindung in und durch den Schwarzwald darstellt, in eine einspurige Version umgebaut werden soll, damit das Leben in der Stadt wieder attraktiver würde. Auf besagter B 31 gibt es immer wieder Rückstaus, die bis auf die A 5 reichen, die 6 km entfernt ist.
Das kommt mir so vor, als würde man bei einer Durchblutungsstörung raten, eine Hauptschlagader zuzudrücken. Als Beispiel führt man die in einem kleinen Stadtteil von Freiburg gewonnenen Erfahrungen an, durch den niemand hindurchfahren kann.
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Donnerstag, 12. März 2015
Wahlrechte und Staatsschulden
Ich werde das Gefühl nicht mehr los, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem üblichen Modell der meisten demokratischen Verfassungen und der Höhe der Staatsverschuldung besteht.
In den meisten Ländern, die ich meine, geht man einmal alle vier oder fünf Jahre zur Wahlurne und gibt eine oder zwei Stimmen ab, wobei das letztere schon die schlechtere Variante ist, da damit eine Liste gewählt wird. Das Zustandekommen dieser Liste richtet sich nach parteiinternen Erwägungen, die nichts mit einer Qualifikation oder Wählerpräferenzen zu tun hat. Der Wähler hat jedenfalls keinen Einfluss auf diese Liste.
Gewählt werden in der Regel diejenigen, die mit Unterstützung ihrer Partei die besten Wahlversprechen machen, die anschliessend aber auch straffrei oft umgestossen oder schlicht und einfach unter den Tisch fallen gelassen werden. Wenn diese jedoch umgesetzt werden, dann sind sie in der Regel kostenträchtig, führen zu höheren Ausgaben, während an anderer Stelle (Besitzstand, privilegierte Klientel) nichts eingespart wird.
Nach der Wahl wird der "mündige Bürger" (Titulierung des Wählers in den wenigen Wochen vor der Wahl) in die Unmündigkeit überführt und man schreibt dem Bürger immer mehr vor, was er zu tun und zu lassen hat. Auch dies ist mit höheren Ausgaben verbunden, für das die Politiker genau so wenig aufkommen müssen, wie für die teuren Wahlgeschenke. Das zahlen die Wähler. Sollten die Politiker ebenfalls davon betroffen sein, können sie das durch Gesetze und Privilegien abmildern oder es macht ihnen dank besserer Versorgung wenig aus, was für den Durchschnittswähler jedoch nicht gilt.
Das wirksamste Votum des Wählers, nämlich über die Staatseinnahmen, sprich die Steuern, zu entscheiden, hat der Bürger nie besessen. Sonst könnte er den gewählten Bürgervertretern ja die Ausgaben beschneiden, die kontinuierlich wachsen, sei es durch neue Verordnungen, Gesetze, bürokratische Umtriebe etc.
In der Schweiz z.B., wo die Bürger alleine über die Höhe der Steuern entscheiden und deren Zustimmung bei grösseren Projekten (Investitionen etc.) zwingend ist, haben wir eine viel niedrigere Verschuldung des Staates, egal auf welcher Ebene (Kommune, Kanton, Land). Das nenne ich eine bessere Art des Wirtschaftens, die auch nicht dazu führt, dass die Unvernunft regiert, wie in anderen Ländern befürchtet wurde und wird, die Plebiszite vehement und gebetsmühlenartig ablehnen.
Im Gegenteil. In diesem Land der Eidgenossen wird vor einer plebiszitären Entscheidung das Für und Wider ausführlich und auch in den Medien diskutiert, woran man sich andernorts ein Beispiel nehmen darf. Zum Beispiel bei uns, also in einem Land, das keine Verfassung, aber ein Verfassungsgericht hat.
Sonntag, 8. März 2015
Homo Politicus II - Das Interview
Hier nun die Fortsetzung des Themas, das angekündigte Interview wurde geführt mit dem Entwicklungsbiologen und Genetiker Dr. Rufus Firefly, Johns Hopkins University, Baltimore.
Interviewer: Dr. Firefly, was brachte Sie als Genetiker dazu, sich mit Politikern zu beschäftigen?
Dr. Firefly: Nun, uns ist, aufgefallen, dass viele Politiker Gemeinsamkeiten haben, die in der Summe betrachtet, kein Zufall sein können. So haben wir bei einer ganzen Reihe von Ihnen, mit deren Einverständnis wohlgemerkt, Gen-Analysen vorgenommen. Die ersten Ergebnisse bereits fielen so aus, dass wir beschlossen haben, weiter zu forschen.
I: Was waren die ersten Ergebnisse?
F: Die Beobachtung von durchschnittlicher Intelligenz, aber vielen äusserst erfolgreichen Karrieren, hoher Parteiloyalität und nur mässig entwickeltem Pflichtgefühl und geringer Empathie findet ihre Ursache tatsächlich in signifikanten Genvariationen.
I: Sind die Untersuchungen repräsentativ? Wieviele Politiker haben Sie untersucht?
F: Wir haben rund 350 Politiker, männlich und weiblich, aus dem In- und Ausland untersucht. Deswegen können wir bis jetzt nur Anhaltspunkte liefern für die weitere Forschung. Ich persönlich bin jedoch überzeugt, dass wir auf der richtigen Spur sind.
I: Können Sie uns mehr über die Abweichungen im Genom sagen?
F: Was uns am meisten überraschte war die Veränderungen in einem Gen, von dem die meisten Forscher annehmen, dass es das Kurzzeitgedächtnis beeinflusst. Es fehlen wichtige proteincodierende Teile, was in der Praxis z.B. dazu führt, dass die untersuchten Probanden sich z.B. nicht mehr an ihre Wahlversprechen erinnern konnten.
I: Gibt es andere Ergebnisse?
F: Ja, wir haben festgestellt, dass eine bestimmte Sequenz auf dem Chromosom nahezu identisch ist mit bestimmten Sequenzen bei der Katze. Dieser Abschnitt reguliert die Eigenwahrnehmung und dabei insbesondere den Gleichgewichtssinn. Katzen sind ja bekanntlich dazu in der Lage, bei einem Fall aus grösserer Höhe immer wieder auf den Füssen zu landen.
I: Was hat das mit Politikern zu tun?
F: Auch bei ihnen ist dieser Gensektor aktiv und vergrössert, wie bei Katzen. Das mag eine Erklärung dafür sein, dass Politiker nach einem Sturz oder bei politischen Niederlagen immer wieder auf die Füsse fallen, sozusagen weich landen.
Fortsetzung folgt.
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Dienstag, 3. März 2015
Homo Politicus I - Was die Forschung dazu sagt
Unter einigen Evolutionsbiologen wird immer häufiger in Erwägung gezogen, den Homo Politikus als eine eigene Spezies anzuerkennen. Da genetische Untersuchungen äusserst diffizil und langwierig sind, wird mit den ersten Studien, die diese These untermauern, erst im Laufe des Jahres gerechnet. Japanische und US-amerikanische Forscher sowie ein kleines, unabhängiges Forscherteam aus Südfinnland, die sich seit 10 Jahren mit dieser Materie beschäftigen, sind fest davon überzeugt, den Nachweis für ihre Theorie antreten zu können.
Ursache von (auffälligen) Verhaltensänderungen im Genom nachzuweisen, gilt als extrem schwierig. Wenn dies gelingen sollte, könnte man von einem Durchbruch sprechen.
Das Thema ist hochinteressant, ich bleibe in enger Verbindung zu den Forschern und werde in Kürze weitere Informationen veröffentlichen, vielleicht in Form eines Interviews.
Bild: http://vtm.e15.cz/files/imagecache/dust_filerenderer_normal/upload/aktuality/kompletn__lidsk__genom_p_e_ten__za_pouh_ch_50_hodi_50926455d7.jpg
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Mittwoch, 25. Februar 2015
Warren Buffett goes shopping
Warren Edward Buffett, der Star-Investor aus Omaha, geht in Deutschland auf Einkaufstour. Er kann sogar alles bar bezahlen, so milliardenschwer ist seine Kasse.
Die erste Firma im Einkaufswägelchen kommt aus Hamburg und ist ein Motorradzubehörhändler. Das klingt jetzt nicht so spannend. Wahrscheinlich denkt er sich, bei zerfallender Infrastruktur im Strassen- und Brückennetz sind Motorräder im Vorteil.
Da er auch ein Händchen für schwierige Investments hat, könnten wir ihm auch gleich unsere Autobahnen anbieten. Vorteil wäre, dass eine vernünftige Mautregelung nicht lange auf sich warten liesse. Weiterer Vorteile: wir könnten den Verkehrsminister, einige Staatssekretäre und Ministerialdirigenten einsparen.
Mögliche Alternativen oder zusätzliche reizvolle Investments:
BER Flughafen
Diese Baustelle - bis jetzt wurden 4,2 Mrd. € investiert -würde ich ihm zutrauen und wir könnten wohl kaum so schnell schauen, wie er fertig würde. Allerdings nur, wenn man die Chinesen bauen lässt, die brauchen für einen International Airport (Shanghai-Erweiterung) kaum 2 Jahre von der Planung bis zum ersten Start. Und wir wären das ungeliebte Ding los. Schenken wäre dabei auch eine Option. Und die Politiker können sich auf die Schulter klopfen.
Karstadt
Karstadt hat bereits Erfahrungen mit US-Investoren, aber nicht mit solchen, die wirklich bereit sind, zu investieren. Herrn Schäuble sollten wir allerdings nicht mit einbeziehen, sonst kommt vielleicht auch hier der Kommentar, der Antragsteller solle erst seine Hausaufgaben machen. Vorteil: in der Bude läuft wieder was und unsere Innenstädte werden wieder schöner.
Stromtrassen
Da kommen wir ohne fremde Hilfe wahrscheinlich auch nicht weiter. Bevor hier die Lichter ausgehen (Filbinger lässt grüssen) und/oder uns die EEG-getunten Strompreise durch die Decke gehen, bräuchten wir einen Experten. Sonst wird das zarte Wirtschaftswachstum wieder eingehen, wie ein Primeltopf an der Nordseite.
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Dienstag, 17. Februar 2015
Wörtersee
Kalumbuff
Manchmal bleibt man an einem Wort kleben, sei es dass es besonderes auffällig ist, man es noch nie gehört oder gelesen hat, weil es einen besonderen Klang hat oder Erinnerungen hervorruft. Manchmal vereinen sich Wörter auch zu Wortspielen oder sie finden ihren Platz durch eine Verwechslung oder einen Versprecher. Verunglückte Zitate sind auch schön.
Eines dieser Wörter ist Kalumbuff:
Erfunden hat es mein Sohn im Alter von 2 oder 3 Jahren (kann auch schon 4 gewesen sein). Er verwendete dieses Wort, wenn es ihm nicht rechtzeitig gelungen war, das Örtchen aufzusuchen und das Häufchen daher anderweitig beseitigt werden musste.
Es ist nicht nur eine völlige Neuschöpfung bis heute, sondern klingt sehr viel besser, als es riecht. Es ist auch lautmalerisch und sollte auf der zweiten Silbe betont werden, dann klingt es besonderes gut. Die Lautfolge drückt auch eine Bewegung aus, wenn etwas herabfällt und auch der unangenehme Geruch ist schön enthalten.
War ich vielleicht stolz.
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Wortschöpfung
Montag, 16. Februar 2015
Treibgut
Technik:
Die Mission der ESA-Raumsonde ROSETTA kostete rd. 1 Mrd. €. Allerdings wurde es versäumt, eine leistungsfähige Energieversorgung mit einzubauen (die es gibt, die aber nicht politisch korrekt erschien), man beschränkte sich auf Solarmodule, die jedoch aufgrund der grossen Sonnenentfernung nicht genügend Energie beisteuern können. Jetzt hofft man, dass sich mit Annäherung an die Sonne im Landemodul PHILAE (Kosten 200 Mio €) wieder Leben regt. Dummerweise liegt das Landemodul im Sonnenschatten, an einen Asteroidenhügel gelehnt.
Hervorragend geklappt hat jedoch der Anflug, der knapp 10 Jahre dauerte. Ein herausragende Leistung.
Risiken der Fortpflanzung:
In Frankreich wurden, wie erst Jahrzehnte später festgestellt wurde, nach der Entbindung in einer Klinik neugeborene Mädchen vertauscht. Warum liest man nichts darüber, dass die Mütter auch vertauscht wurden? Ich bin bei gesunden Müttern und normalem Schwangerschaftsverlauf für Hausgeburten.
Interessant war ja der Hinweis einer der vertauschten Mütter, die festgestellt hatte, dass ihre Tochter beim Nachmessen der Körpergrösse zwei Wochen nach der Geburt 7 cm grösser sein sollte, dass da etwas nicht stimmen könne. Sie wurde mit dem Hinweis abgespeist, dass die Messinstrumente eben ungenau wären.
Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Nun, bei einer Entfernung von mehreren hundert Millionen km zu einem Asteroiden schafft man eine Punktlandung, aber bei Vermessen eines Babys verhaut man sich um 7 cm. Und gibt dann noch blöde Antworten.
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Mittwoch, 11. Februar 2015
Yakov Kreizberg - das letzte Konzert
Im Januar 2011 besuchte ich in Freiburg ein Konzert des SWR-Sinfonieorchesters mit Yakov Kreizberg als Dirigent und Kirill Gestein als Solist.
Auf dem Programm standen Beethovens Klavierkonzert Nr. 5 und Rachmaninows 2. Sinfonie. Ich saß in der 3. Reihe, also ziemlich nahe am Orchester, die Geiger und der Pianist waren nur wenige Meter entfernt und Yakov Kreizberg konnte ich etwas von der Seite sehen.
Es waren berufenere und fachkundigere Leute, Kritiker eben, die das Konzert beschrieben und es als herausragend bezeichneten. Ich möchte mich dem nur anschliessen und sagen, dass es ein aussergewöhnliches Erlebnis war, ein Konzert, das mir immer in Erinnerung bleiben wird und das verdanke ich ganz besonders Yakov Kreizberg. Schon wenige Wochen nach dem Konzert ist er an leider Krebs gestorben, was mich sehr betroffen machte.
Ich wusste damals nicht, dass er krank war, so schwer krank, dass er wohl nur noch dieses eine Konzert dirigieren konnte und dass es deswegen an ein Wunder grenzt, dass jemand, den Tod vor Augen, noch dirigieren kann.
Ich spürte jedoch von Anfang an, dass es ein ganz besonderer Konzertabend werden würde. Schon mit den ersten Takten war mir bewusst, dass es um mehr ging, als um Noten, um Beethoven oder Rachmaninow. Ich spürte, dass sich hier ein Mensch mit all seiner Kraft, seiner Phantasie, seinem musikalischen Intellekt und mit allem, was ihn als Menschen auszeichnete in dieses Konzert einbrachte. Dieser Wille, der sich hier in seinem Dirigieren zeigte, umspannte das ganze Orchester, den Solisten und strahlte auf das Publikum. Wie gebannt sah ich die Musizierenden, hörte die Musik, den Atem der Musiker, die Bogengeräusche, das Vibrieren der Saiten, die Hammerschläge des Flügels in einer Intensität, wie es zuvor noch nie erlebt hatte.
Wenn ich ihn ansah, so schräg von hinten, bewunderte ich seine Bewegungen, seinen stummen Dialog mit dem Orchester, und ich bemerkte, dass er unter dem weit geschnittenen schwarzen Sakko mit Stehkragen, einen kleinen Spitzbauch hatte. Nicht dass dies in irgendeiner Weise gestört hätte, aber es passte überhaupt nicht zu seiner Statur und Erscheinung und ich dachte mir, dass irgend etwas nicht stimmen konnte. Eine Krankheit vielleicht?
Irgendwie stellte ich einen Bezug zwischen dem Konzert und dem, was ich beobachtete her, und gewann immer mehr den Eindruck, dass es bei diesem Konzert um mehr ging, als nur einen Teil einer Tournee oder gar einen Kalendereintrag, eine Verpflichtung, die es zu erfüllen galt. Ich spürte förmlich, dass es für Yakov Kreizberg ein ganz besonderer Abend war, ein Vermächtnis, ein ausserordentliches Bekenntnis seiner Musik, seiner Berufung, seiner Leidenschaft, eine letzte grosse und wundervolle Anstrengung und Ausdruck seiner Seele, seines Lebens.
Dass es sein letztes Konzert werden würde, dass der Tod so unmittelbar bevorstand, wusste ich damals noch nicht. Aber was ich sah und erleben durfte, war ein einzigartiges Konzert. Sein letztes Konzert und auch wie ein Wunder.
P.S. am 24.2.2015:
Es gab noch ein Konzert in Amsterdam im Februar 2011.
Mittwoch, 4. Februar 2015
Menahem Pressler - ein Glücksfall für Musikliebhaber
Neulich sah ich im Fernsehen einen Beitrag über diesen ganz besonderen Pianisten, der mit 90 Jahren eine Solokarriere begann, nachdem er über 55 Jahre mit dem weltberühmten Beaux Arts Trio in der ganzen Welt unterwegs war.
Lächelnd und voller Energie erzählte der sympathische Veteran des Flügels, der 1923 in Magdeburg geboren wurde, aus seinem Leben, von seiner Vertreibung bzw. der Flucht aus Deutschland nach Israel, seiner musikalischen Ausbildung, seiner Heirat und seiner Auswanderung in die USA. Und von den vielen Konzertreisen.
Sein erstes Solokonzert bei uns fand 2014 statt und bei dieser Gelegenheit lud ihn Sir Simon Rattle ein, mit den Berliner Philharmonikern das Silvesterkonzert 2014 in Berlin zu spielen. Sein Kommentar dazu: "Ich bin ein Glückspilz!"
Leider habe ich die Sendung vom Silvesterkonzert verpasst, spielte er doch eines meiner Lieblingsstücke, das Klavierkonzert von W.A. Mozart in A-Dur, KV 488.
Wie bei so vielen Interviews mit jüdischen Verfolgten des Nazi-Regimes fällt mir auch bei ihm auf, dass er nicht verbittert ist oder wirkt, obwohl er viele Mitglieder seiner Familie in KZs verloren hat und allen Grund dazu hätte. Es sind oft Menschen darunter, die nicht nur weiterlebten, sondern einen besonderen Weg des Neuanfangs gingen, egal in welcher Hinsicht. Das hat nicht mit Vergessen oder Verdrängen zu tun. Diese Menschen bejahen das Leben. Vielleicht, weil sie durch die schrecklichen Ereignisse erfahren mussten, wie kostbar es ist. Und viele kommen nach Deutschland zurück, als Besucher oder für länger. Dafür könne wir dankbar sein.
Hier ein lesenswerter Artikel: http://www.rbb-online.de/kultur/beitrag/2014/12/menahem-pressler-bei-den-berliner-philharmonikern.html, geschrieben von Maria Ossowski.
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