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Mittwoch, 9. November 2016

Präsidentschaftswahlen USA - Gedanken nach der Wahlnacht


Prognosen

Wie beim Brexit lagen auch dieses Mal alle Vorhersagen und die Börsen völlig daneben. Da zeigt sich wieder, dass Prognosen schwierig sind, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen. Dieses Bonmot wird abwechselnd Karl Valentin, Niels Bohr oder Mark Twain zugeschrieben. Wie dem auch sei, die Welt wird immer komplexer, statt einfacher, und gerade die Experten, die tatsächlich oder vermeintlich zu genauer Analyse befähigt sind, irren häufig. Ob es sich dabei um Wahlprognosen, Börsenentwicklungen, Flüchtlingsströme, Sportereignisse usw. handelt, spielt keine Rolle. Je ausgeprägter das Expertentun, so pointierter sind die Prognosen, was natürlich Medienwirksamkeit garantiert. Und um das scheint es zu gehen, weniger um die Sache selbst. Wir sind eine Spezies geworden, die primär auf Vermarktung aus ist und auf Aufmerksamkeit, die sozialen Medien belegen dies ganz deutlich.

Was ins Hintertreffen gerät, ist die Auseinandersetzung mit Themen, mit Problemen, das Führen von Diskursen, die abwägen und nach Lösungen suchen.

Zurück zu den USA.

Wahrscheinlich wird alles nicht so heiss gegessen, wie es heute nacht gekocht wurde und Trump versucht, einen auf Präsident zu machen oder Landesvater. Sein letztes Statement, nämlich Präsident für alle Amerikaner zu sein, könnte darauf hin deuten. Ob er auch die Schwarzen und die Latinos gemeint hat, wird sich bald zeigen.

Politikmüdigkeit

Nach meinem Dafürhalten hat Donald Trump den Sieg über Hillary Clinton davon getragen, weil sich in den USA, wie übrigens auch in grossen Teilen Europas, eine Politikmüdigkeit eingestellt hat. Genauer gesagt: Man ist der Politiker überdrüssig geworden (Merkel, Cameron, Hollande und viele andere)

Jahrelange Hängepartien zwischen Präsident und Senat (Obamacare, Guantanamo u.a.) prägten die Szenerie. Da kommt natürlich ein Kandidat, der auf alles eine einfache Antwort parat hat, gerade recht. Zudem kann er sich, im Gegensatz zu Obama, auf eine breite Mehrheit im Senat und Repräsentanten-haus stützen und die Besetzung des Supreme Court, des oberstes US-Gerichts, durch Ernennungen von Richtern nach seinem Gusto gestalten (die Republikaner haben wohlweislich die letzte Nominierung eines Richters monatelang verschleppt).

Wie Trumps Lösungen aussehen, weiss keiner, vielleicht nicht einmal er selbst. Aber er wird sich einarbeiten und auf einen Stab stützen (müssen), alleine regieren kann er nicht. Die Mehrheit der US-Wähler dachte wohl, jetzt soll mal ein Anderer ran, vielleicht kann er es besser als die Etablierten, die immer nur reden, sich die Taschen vollstopfen usw., aber das Land nicht nach vorne bringen. 

Obama wird ganz sicher als einer der besseren Präsidenten in die Geschichte eingehen, insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, wieviel Gegenwind er im Kongress hatte.

Webfehler der Verfassung?

Dass eine solche Blockadepolitik möglich ist, kann ich nur als Fehlentwicklung in demokratischen Verfassungen bezeichnen. Am obigen Beispiel (Obama, Kongress) und an den Verhältnissen bei uns (Bundestag vs. Bundesrat) lässt sich ablesen, wohin das führt, wenn zwei Verfassungsorgane gegeneinander arbeiten:


  • Ein klares Votum der Wähler (Regierungsauftrag) kann nicht umgesetzt werden
  • Formelkompromisse, teure Koalitionsabsprachen, auch prägnant als Kuhhandel bezeichnet treten vermehrt auf
  • Drängende Probleme bleiben erst mal liegen oder werden in die Zukunft geschoben (gerne: nächste Legislaturperiode, wie bei Steuer- und Rentenreform praktiziert)
  • gestaltendes Regieren und nachhaltige Politik kaum möglich, Nachbessern die Regel (Hinterher-Regieren)
Das ruft Vereinfacher, Populisten, Prediger usw. auf den Plan, denen in unseren Medien (Stichwort: Aufmerksamkeit, und zwar nicht nur der Teilnehmer, sondern vor allem der Plattformen, wie TV-Sender, Presse usw.) eine exponierte Bühne geboten wird. Ohne Rücksicht auf Qualität, Wichtigkeit und Lösungsorientiert-heit, Hauptsache, die Quote stimmt.

Dass sich hier viele abwenden von diesem unwürdigen Schauspiel, vor allem auch jene, die etwas beitragen könnten, liegt auf der Hand. Darunter leidet, wie man in vielen Ländern sehen kann, der Ruf der Demokratie.

Eine funktionierende Demokratie setzt aber m.E. unter anderem voraus:

  1. Mündige und gebildete Bürger, die sich eine Meinung bilden können, die kritisch mitdenken und an politischen Prozessen teilnehmen
  2. Eine effiziente Verfassung (da haben wir, wie viele Kritiker meinen, einige Baustellen, aber nicht die auf den Autobahnen)
  3. Einen schlanken Staat und keinen schwerfälligen, teuren und paralysierenden Apparat aus 16 Föderationen (Deutschland)
  4. Eine Ethik, die Staatsziele und das Streben nach Glück und Wohlstand des Einzelnen in Einklang bringt und nicht primär die Entwicklung einer kleinen Schicht Gewinner und Wohlhabende und eine grosse Zahl von Verlierern, auch in globalem Massstab
  5. Nachhaltiges Wirtschaften, an dem alle Generationen teilhaben können und müssen

Gedanken zur Demokratie und einer neuen Ethik werden fortgesetzt, Leser-Beiträge willkommen.








Donnerstag, 12. März 2015

Wahlrechte und Staatsschulden




Ich werde das Gefühl nicht mehr los, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem üblichen Modell der meisten demokratischen Verfassungen und der Höhe der Staatsverschuldung besteht.

In den meisten Ländern, die ich meine, geht man einmal alle vier oder fünf Jahre zur Wahlurne und gibt eine oder zwei Stimmen ab, wobei das letztere schon die schlechtere Variante ist, da damit eine Liste gewählt wird. Das Zustandekommen dieser Liste richtet sich nach parteiinternen Erwägungen, die nichts mit einer Qualifikation oder Wählerpräferenzen zu tun hat. Der Wähler hat jedenfalls keinen Einfluss auf diese Liste. 

Gewählt werden in der Regel diejenigen, die mit Unterstützung ihrer Partei die besten Wahlversprechen machen, die anschliessend aber auch straffrei oft umgestossen oder schlicht und einfach unter den Tisch fallen gelassen werden. Wenn diese jedoch umgesetzt werden, dann sind sie in der Regel kostenträchtig, führen zu höheren Ausgaben, während an anderer Stelle (Besitzstand, privilegierte Klientel) nichts eingespart wird.

Nach der Wahl wird der "mündige Bürger" (Titulierung des Wählers in den wenigen Wochen vor der Wahl) in die Unmündigkeit überführt und man schreibt dem Bürger immer mehr vor, was er zu tun und zu lassen hat. Auch dies ist mit höheren Ausgaben verbunden, für das die Politiker genau so wenig aufkommen müssen, wie für die teuren Wahlgeschenke. Das zahlen die Wähler. Sollten die Politiker ebenfalls davon betroffen sein, können sie das durch Gesetze und Privilegien abmildern oder es macht ihnen dank besserer Versorgung wenig aus, was für den Durchschnittswähler jedoch nicht gilt.

Das wirksamste Votum des Wählers, nämlich über die Staatseinnahmen, sprich die Steuern, zu entscheiden, hat der Bürger nie besessen. Sonst könnte er den gewählten Bürgervertretern ja die Ausgaben beschneiden, die kontinuierlich wachsen, sei es durch neue Verordnungen, Gesetze, bürokratische Umtriebe etc.

In der Schweiz z.B., wo die Bürger alleine über die Höhe der Steuern entscheiden und deren Zustimmung bei grösseren Projekten (Investitionen etc.) zwingend ist, haben wir eine viel niedrigere Verschuldung des Staates, egal auf welcher Ebene (Kommune, Kanton, Land). Das nenne ich eine bessere Art des Wirtschaftens, die auch nicht dazu führt, dass die Unvernunft regiert, wie in anderen Ländern befürchtet wurde und wird, die Plebiszite vehement und gebetsmühlenartig ablehnen.

Im Gegenteil. In diesem Land der Eidgenossen wird vor einer plebiszitären Entscheidung das Für und Wider ausführlich und auch in den Medien diskutiert, woran man sich andernorts ein Beispiel nehmen darf. Zum Beispiel bei uns, also in einem Land, das keine Verfassung, aber ein Verfassungsgericht hat.