Montag, 15. Oktober 2018

Debakel in Bayern

Das beste Ergebnis der Landtagswahl in Bayern ist die gestiegene Wahlbeteiligung, sie erhöhte sich gegenüber der letzten Wahl auf 72 % (vorher 63,6 %).

Die ehemaligen Volksparteien repräsentieren nicht mehr das Volk, das inzwischen gemerkt hat, dass ein "Weiter so!" nicht mehr ausreicht. Dass ausgerechnet im reichsten Land die Partei abgestraft wird, die seit knapp 70 Jahren die Regierung stellte, ist bestimmt kein "Vogelschiss". Das wird sich wiederholen in Hessen und es hat sich bei der letzten Bundestagswahl schon angedeutet.

Dass sich CDU/CSU, SPD und Grüne reflexartig und mit der Populismuskeule gegen Kritik wehren, war ebensowenig hilfreich, wie Argumente gegen unkontrollierte Migration als Naziparolen abzutun.

Dabei gerieten andere wichtige Themen, die für das Regierungsversagen stehen, eher in den Hintergrund.
  • Energiewende
  • Verkehrskonzepte (Dieselgipfel)
  • bezahlbarer Wohnraum
  • Bildungspolitik
  • marode Infrastruktur
  • Digitalisierung
  • Pflegenotstand
  • Rentenpolitik
In diesen Politikfeldern hat die Regierung fast nichts auf den Weg gebracht, was zu Ende gedacht war, manches ist über Abschiebung an Kommissionen nicht hinausgekommen.

Die Energieversorgung ist weniger sicher, volatil, Trassen fehlen, Strompreise steigen und der im Vergleich zu anderen Industrienationen gestiegene CO2-Ausstoss wird bejammert, obwohl z.B. Frankreich und England viel mehr Strom aus Kernenergie erzeugen (ohne CO2). Niemand hat sich bisher dazu geäussert, wieviel Gigawatt Kraftwerkskapazität zusätzlich benötigt wird, wenn nur 25 % der Autos als E-Mobil unterwegs sind und wo diese ihren Strom herbekommen.

Auf der ganzen Welt gibt es nur ein Land, das Dieselfahrzeuge mit einem Fahrverbot belegt, ausgehend von fragwürdig festgelegten Stickoxid-Grenzwerten, von denen, so behaupte ich, die meisten Parlamentarier in Brüssel keine Ahnung hatten. Eine unselige Kumpanei der Regierung mit der Automobilindustrie oder ein konsequent praktiziertes Wegsehen der Politik rächt sich im Lichte bestehender EU-Grenzwerte nun so, dass der Bürger den Schaden hat. Das ist genauso unbegreiflich wie skandalös.

Preisgünstige Mietwohnungen zu bauen interessiert schon lange nicht mehr. Weder den Bund, noch die Länder und die meisten Kommunen und deren Wohnbaugesellschaften. Dabei sind Mittel in ausreichendem Umfang vorhanden (Zuschüsse, zinslose Kredite). Statt dessen werden ständig neue Bauverordnungen erlassen und der Dämmwahn auf die Spitze getrieben.

In der Bildungspolitik wird der Mangel bewirtschaftet, die Länder wetteifern um unbesetzte Lehrerstellen, die Schulabschlüsse werden schlechter und die Wirtschaft beklagt mangelnde Qualifikationen und fehlende Fachkräfte. Viele Schuleinrichtungen sind in denkbar schlechtem Zustand.

Dies gilt auch für Strassen und Brücken, von denen seit langem bekannt ist, wie marode sie sind, ohne dass Abhilfe geschaffen worden wäre. Es sieht so aus, dass hier vieles auch im föderalistisch-bundesstaatlichen Durcheinander liegen bleibt und über deutsche Grossprojekte lacht die Welt.

Bundesmittel für die Digitalisierung werden von Ländern und Kommunen nicht abgerufen, ebenso wenig Zuschüsse für städtische Luftreinhaltungsprogramme. Ein Armutszeugnis. In diesem unseren Land gibt es immer noch weite Teile, die von einem funktionierenden Mobilfunk abgeschnitten sind,
ohne das ernsthaft etwas unternommen wird.

Dass Deutschland abwirtschaftet zeigt sich auch in der Gesundheitspolitik und der Rentenpolitik. Die deutschen Renten sind im Schnitt geringer (OECD-Durchschschnitt 63 % des Nettoeinkommens, in Deutschland sind es 51 %), Laut einer aktuellen Umfrage sind 3/4 der Befragten wenig zufrieden oder unzufrieden mit der Arbeit der Regierung. Von 137 Massnahmen, deren Umsetzung im Koalitionsvertrag festgehalten sind, sind derzeit 5 umgesetzt, 3 sind in Arbeit (Süddeutsche Zeitung vom 15.10.18). Man muss kein Hellseher sein, dass diese Regierung dass Klassenziel nicht erreichen wird, wahrscheinlich wird sie vorher zurücktreten oder dazu gezwungen.

Wahrscheinlich wird nach der Wahl erst einmal gar nichts passieren, da einige Parteien das Ergebnis analysieren müssen. Die CSU behauptet immerhin, dass sie einen klaren Wählerauftrag zur Regierungsbildung erhalten hat. Und die Kanzlerin gibt vor, verstanden zu haben, dass Vertrauen verloren gegangen ist.

Na, dann.








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